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kommen?«
»Nein.«
Für einen Moment blickte der Pfarrer aus dem Fenster, als
hätte er Bourne plötzlich nackt gesehen. Er räusperte sich.
»Dürfte ich Sie vielleicht nach den Gründen fragen, weshalb
Sie nicht mehr zum Gottesdienst erscheinen?«
»Erstens haben sie den Text der Liturgie ins Englische
übersetzt, und dann haben sie auch noch mit diesen Gitarren
angefangen.«
»Auch einige von uns bedauern diese Veränderungen
zutiefst, Mr. Bourne. Trotzdem hätten Sie zumindest Ihren
österlichen Pflichten nachkommen sollen, damit Sie ein
rechtmäßiges Mitglied der Kirche geblieben wären. Sie sind
also nicht mehr gläubig. Ist das richtig?«
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»Das ist völlig richtig.« Seine Stimme klang wie bei der
Beichte.
»Sie glauben nicht mehr an die Kirche?«
»Ich glaube auch nicht mehr an Gott. Entschuldigen Sie,
Herr Pfarrer, aber worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Ich glaube, ich verstehe bereits. Nachdem ich mir Ihre Akte
angesehen habe, habe ich mit den anderen Gemeinden
telefoniert, und in diesem Zusammenhang habe ich in
Erfahrung gebracht, daß Ihr Sohn zwar hier geboren wurde...
aber es gibt keine Aufzeichnungen bezüglich seiner Taufe.«
Allmächtiger Gott, du hast uns deinen einzigen Sohn
gesandt, uns aus der Knechtschaft der Sünde zu erretten und
uns die Freiheit zu schenken, in deren Genuß nur unsere Söhne
und Töchter gelangen werden. Wir beten nun für dieses Kind,
das der Welt mit all ihren Versuchungen entgegentreten und
gegen den Teufel und all seine List kämpfen muß. Dein Sohn ist
gestorben und wieder auferstanden, uns zu erlösen. Kraft
Seines Sieges über Sünde und Tod entreiße dieses Kind dem
Zugriff der Finsternis, stärke es mit der Gnade Christi und
wache über jeden seiner Schritte auf seinem Lebensweg.
Darum bitten wir im Namen unseres Herrn Jesus Christus.
Amen.
Nun begriff er, was kommen würde. Und ihm wurde klar,
was dies für Claire bedeuten würde. Er wußte nicht, wie er es
ihr beibringen sollte. Meine Prinzipien, dachte er. Was habe ich
nicht alles meiner Prinzipien wegen getan. »Ja«, entgegnete er
ruhig. »Das Baby war nicht getauft.« Inzwischen war er sich
jedoch gewiß, einen Priester vor sich zu haben. Auf so etwas
wären nicht einmal Kess und seine Leute gekommen.
»Hatten Sie dafür einen berechtigten Grund?«
»Während der ersten zwei Monate war das Kind sehr krank,
weshalb wir es nicht riskieren konnten, ihn außer Haus zu
bringen.«
»Natürlich... aber, wie alt, sagten Sie am Telefon, war Ihr
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unterworfen lediglich dem anhaltenden Schmerz darüber, nie
an der glückselig machenden Schau von Gottes strahlendem
Glanz teilhaben zu dürfen.«
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Also suchten sie an diesem Abend, begleitet von zwei Po-
lizisten, das Bestattungsinstitut auf. Inzwischen hatte er Claire
alles erzählt, in der Erwartung, neuerlich mit heftigen
Vorhaltungen ihrerseits konfrontiert zu werden. Wenn sie
wenigstens auf ihn eingeschlagen oder mit wutverzerrtem
Gesicht losgeschrien hätte - irgend etwas getan hätte. Aber sie
hatte keinerlei Reaktion gezeigt. Sie hatte die Stunden zuvor
geschwiegen und auch danach kein einziges Wort gesprochen.
Es war, als hätte sie sich in einer totalen Verdrängung der
Vorgänge um sie herum in einen hintersten Winkel ihrer
Gedanken zurückgezogen. Ein Polizist fuhr in ihrem Wagen
mit; sein Kollege folgte ihnen in einer Zivilstreife, um sich zu
vergewissern, daß sie nicht verfolgt wurden. Vor dem
Bestattungsinstitut angelangt, stiegen erst die beiden Polizisten
aus, um die Umgebung nach möglichen Gefahren abzusuchen,
bevor sie mit den Bournes das Gebäude betraten.
Die Atmosphäre im Innern war von der stillen Feierlichkeit
dicker Teppiche und gedämpfter Stimmen geprägt. Die Wände
säumten üppige, dicht geraffte Vorhänge aus rotem Samt,
durch die rötlich schimmerndes Licht fiel. Aus allen Ecken
ertönten gedämpfte Mollakkorde einer elektronischen Orgel,
die ohne Ende sanft dahinwogten. Das typische Begräbnis-
gedudel, dachte er mit einem Gefühl des Widerwillens.
Nur ungern hatte er Sarah mitgenommen, aber er wollte sie
auf keinen Fall aus den Augen lassen, obwohl ein Polizist in
ihrem Haus zurückgeblieben war. Er hatte ihr unterwegs ein
paar Bücher, Kekse und Milch gekauft - endlich etwas, das er
ihr unbesorgt zum Essen geben konnte - und fragte nun eine
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Angestellte, ob es im Institut vielleicht einen Aufenthaltsraum
für Kinder gäbe, wo sie Sarah so lange beaufsichtigen könnte.
»Aber ich möchte Ethan sehen, Daddy. Wieso darf ich Ethan
nicht sehen?«
»Weil er nicht mehr so aussieht, wie du ihn in Erinnerung
hast.«
Die elektronische Orgel verströmte weiterhin ihre Moll-
akkorde.
»Er sieht anders aus?«
»Nein, aber er ist einfach nicht mehr derselbe.«
Darüber dachte sie eine Weile nach. »Sieht er jetzt wie eine
Puppe aus?«
Dieser Vergleich jagte ihm einen kalten Schauder den
Rücken hinunter. »Findest du diese Vorstellung schlimm?«
»Nein«, antwortete Sarah, »ich glaube nicht.«
»Ja, mein Liebling, so sieht Ethan jetzt aus.«
Diese Gedanken beschäftigten Sarah immer noch, als die
Frau sie wegführte, unmittelbar gefolgt von einem Polizisten.
Die dicken Teppiche dämpften seine Schritte. Sein Kollege sah [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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